Rec Out → To Hell With Ewigkeit

Man stelle sich den zerzausten König vor, wie er in Finken und karierter Pyjamahose durch sein beinah verlassenes Schloss streift. Wenn Besuch kommt, nimmt er vom Estrich eine lädierte Kartonschachtel hervor und zeigt Erinnerungen herum, Fotografien, Notizen, ein Billet von der Métro in Paris, ein Flugblatt, den Plastikflamingo aus einem Longdrink in Acapulco und einige Liebes- und Verabschiedungsbriefe, ein Jeton für die Putschautobahn irgendeiner Chilbi in der mittelländischen Provinz; erzählt mal ergriffen, dann eher desillusioniert vom Früher und vom Jetzt, und er sagt bald, das reicht, die Zukunft, die lassen wir mal aussen vor. «To Hell With Ewigkeit», arbeiten, denken und lieben ist schon heute anstrengend genug und dieses verdammte Anwesen putzt und pflegt sich schliesslich nicht von selbst, und er bietet den netten Gästen eine Nudelsuppe aus dem Wasserkocher an.

King Pepe ist verliebt und denkt über die Menschen nach, er spricht und heult den Mond an, ist traurig, vorfreudig, ein bisschen verknorzt. Weil auch oder gerade ein König nur recht wenig allein ausrichten kann, hat er zusammen mit den Queens Sibill Urweider, Giulin Stäubli, Rico Baumann und Jeremias Keller ein feines, geradezu bescheidenes Album gemacht. Es gibt lustige Synthiemelodien, Tanzstücke, Chansonanleihen, ein schmuckes Chörlein, sogar ein Piccolo und Französisch – und diese brüchige Stimme von Simon Hari, die den Alltag von verschiedenen Seiten besingt, der ja immer noch und für immer da ist, trotz allem anderen drumherum. So ist es eben jedes erdenkliche Haushaltsgerät, das Hari einem geliebten Menschen sein will, zum Beispiel der «Stoubsuger», und obwohl man beim Leben in der linksten Stadt im Kanton Bern einiges gelernt hat über Eigentum und Diebstahl, möchte man manchmal doch am liebsten jemand anderem gehören.

Sehr schön auch die Lästerei über diese blöden sauberen und langweiligen Engel im Titelsong, der das Album aufschlägt – zu gut angezogen sind sie, haben ihren Himmel perfekt eingerichtet und keinen Alkohol nötig: eine Gegenfolie zum heillosen Durcheinander da unten, das man gleich ein wenig lieber bekommt, wenn die Alternative dazu eine nüchterne Lounge unter ätherisch tanzenden Leuchtwesen ist.

Der Geisteszustand mäandriert stabil zwischen «Geitscho» und «Fingiguet», beides muss in den jeweiligen Songs wie ein Mantra wiederholt werden. Neun Ideen und dreissig Minuten reichen dann erst mal, am Schluss geht Hari noch durch den Kopf, was heute Nacht all diese Menschen auf der Welt eigentlich so machen und überlegen. Das ist gewiss keine neue Idee, reicht aber, die Kartonschachtel wieder ordentlich verstauen zu wollen und verstauben zu lassen; «Gang hei Vergangeheit» – die Gäste kehren heim, das Schloss bleibt dreckig und die Engel, die können einem ehrlich gestohlen bleiben.

«To Hell With Ewigkeit» ist am 25. Februar bei Big Money Records und Der gesunde Menschenversand erschienen. Plattentaufe ist am 31. März im ISC.