A Rümli Of One’s Own

Wenig ist so wichtig für junge Musik wie das Rümli. Ob in der Agglo oder in den Tiefgaragen der Stadt, es gibt sie überall. Wie viele Rapper:innen es wohl nicht gäbe ohne das stundenlange Rumhängen und Free­stylen inmitten ranziger Sofas, bei schlechter Luft und Dosenbier. Bei der Kollegin aus Thun stand immerhin noch ein DJ-Pult, aber mehrheitlich haben sie schon gekifft. Die, die es ernster meinten mit der Musik, hatten einen Bandraum. Irgendwo mit dem Lift runter, alles zugeklebt mit Eierkartons und mangels Toilette gab es eine Anderthalbliterflasche, waren ja alles Typen. Sowieso schaukelt beim Gedanken ans Rümli oft dieser beschwipste Männerbund mit, der homosoziale Zirkel, der die gleiche Musik hört, die gleichen Witze macht und sich gegenseitig bestärkt.

Auch so ein Rümli hat Forcefield Records. Die neun Menschen, die das TINFA-Kollektiv ausmachen, lernten sich bei der Suche nach einem Musikraum kennen. Jemand spielt Klarinette, andere rappen, wieder andere legen auf. Das Rumhängen stand von Anfang an im Hintergrund, wichtig war vor allem, endlich Infrastruktur zu schaffen und damit Raum für Projekte und Begegnungen. Nach einer einjährigen Zwischennutzung beim Güterbahnhof fanden sie einen Bunker in Ostermundigen. Das Mischpult wurde aus dem Zuhause geholt, das Mikrofon aus der Besenkammer und eine schalldichte Booth gezimmert, das fensterlose Untergeschoss gibt Fokus und die Betonwände Freiheit für den Lautstärkeregler. Vor allem aber gibt das Studio Halt und bietet einen Treff- und Ausgangspunkt für das Kollektiv, das sich nicht auf etwas festlegen will, was es ist, sagt Shantey am Telefon. «Bei mir ist es ganz klar das Rappen mit Freund:innen, das mich antreibt.» Im Februar hat sie mit Freund:innen ihre erste Single als Etoclit veröffentlicht. Also irgendwie Label, Proberaum und neu auch Event-Orga: «Zoff Zorre» war Mitte Juni der Auftakt zu einer Veranstaltungsreihe im Dachstock.

Gleichzeitig funktioniert der Raum auch als Ort zum Netzwerken und Vermitteln. Was ihnen mit dem Rümli ermöglicht wird, wollen sie weitergeben  –  nicht nur untereinander, auch mit anderen, die es brauchen. Das Kollektiv organisierte einen Tag für interessierte TINFA-Menschen, die sich dann direkt untereinander austauschten, Musik und Visionen teilten. «Wir haben das eigentlich in erster Linie für uns und unsere Musik gemacht, und dann hatte das plötzlich Resonanz bei vielen jungen Menschen», sagt Shantey nicht ohne Stolz.

Konserven, Kontext, Konzerte. KSB schreibt monatlich über Musik und Pop entlang dem schönsten Irrtum der Welt. Dieser Text erschien zuerst in der gedruckten Juniausgabe des KSB Kulturmagazins.