Aquarius

Wir hängen im Wasserglas, Sturm fehlt, aber kalt ist. Zwischen uns immer Glasscheiben, meistens Plastik oder die schlimmste Erfindung: Milchglas. Was wäre deine Hölle? Ein Jahr ohne Weihnachten. Ein Tag ohne Alkohol. Ein Warteraum mit Bildschirmen und Wänden aus Milchglas. Ein Arzt mit Mundgeruch, den du nicht riechen kannst. Übrigens, Gott hat gerufen, als sie ihn nicht zur Weltmeisterschaft mitnehmen wollten: «Die haben mir die Beine abgeschnitten». Damals, als Ungerechtigkeit noch eine Richtung hatte und sich nicht wie Milch in Wasser ausdehnte, so schön ohne Pointe, als Beine noch tzlich waren und Gott noch nicht tot. Rückwärtsevolution, jetzt – heim ins Fruchtwasser. Wer braucht schon Haare, Arme, Beine.

Am Fenster: Schaue der School of Fish beim Einkaufen zu, von oben herab. Piranha hat Tagträume vom Amoklaufen. Bittet um Entschuldigung, ich habe ja auch keine Alternative im Angebot, nicht zum Schnäppchenpreis – Sinn ist teuer dieser Tage, also lass nochmal reden, wenn Ausverkauf ist. Vielleicht fällt eine gute Idee vom Himmel und plumpst ins Weltaquarium, eine himmlische Arschbombe, ein Meteor. Vielleicht lässt sich die Welle, die sich daraus entfaltet, auch mal wieder reiten – hang loose, Habibi.

In der Dämmerung herumschleichen, über seifige Strassen in die Länggasse oder bis nach Bethlehem. Friede am Rand. Hätte Lust auf Körperlichkeit, bis zur Anmassung vorgeführte, zur Schau gestellte, perfekt beherrschte Fleischlichkeit. Oder auf Ozean, kratze mir die Schuppen von der Kopfhaut an der Ecke Seidenweg / Zähringerstrasse, verschenke mich einer warmen Strömung am Bahnhof Bümpliz Nord. Und da: Glasscheiben, in denen man sich nicht nur selber spiegelt.

Kultur hinter der Scheibe: BiglerWeibel zeigen «Flockvelours» im Aquarium der Sattelkammer. Die Poetik des Körperlichen. Heute ab 17 Uhr, ebenso Freitag und Samstag. Und in Bethlehem leuchtet jeden Abend ab 17 Uhr die Cabane B, wo sich Marina Woodtli in «Breeze» mit den Widersprüchen zwischen Ozeanium und Ozean, Ursprünglichkeit und Artifizialität beschäftigt.

Bilder: Lucien Lenoir / Marina Woodtli