Bildersturm im Plakatwald

Ikonoklastische Ausschreitungen in den Gassen. Es wird gerissen, dass das Zeug nicht mehr hält. In Bern grassiert seit Jahren ein Krieg auf öffentlichen Plakatwänden und vor allem in den architektonischen Grauzonen, sprich den nicht offiziell als Werbefläche designierten Flächen, wo feingestaltete Konzertaffichen zur Geltung gebracht werden könnten. Aber eben: könnten, Konjunktiv – denn gerade diese, meist aus plus ou moin privater Produktion stammenden und mit viel Zeitaufwand verteilten Plakate fallen immer wieder Saubermännern, die das «Hängen» als Business betreiben, zum Opfer. Namentlich passive attack und Plakatier – story been told und so weit so provinziell – aber was nun?

Es handelt sich hier offensichtlich um einen deregulierten Markt, ohne Abmachungen, ohne Absprachen, was im Resultat dann bedeutet: carnage, Gemetzel. Und das macht keinen Spass, ausser man ist Hobsianer*in. Aufträge kriegt, wer garantieren kann, dass die Plakate gesehen werden, einigermassen intuitiv also, dass das Herunterreissen der Konkurrenz Geschäftssinn macht.

Ein Lösungsansatz wäre die Schelle, eine platziert gezimmerte Wasche mit Denkzettel: Freunde, was ihr hier macht ist eine Sauerei, Platz genug ist für alle da und wenn schon, dann reisst diese hegemoniale Hochglanzscheisse runter, welche unseren visuellen Cache im urbanen Milieu zumüllt – aber eben: la raison, c’était hier. Und Gewalt macht keinen Spass – ok ein bisschen schon, aber nicht so.

Es bleiben noch zwei unpopuläre Varianten: das Prinzip Verweigerung, diesen Leuten keine Aufträge mehr geben (ja, call it Boykott). Oder Gleiches mit Gleichem vergelten, die Konkurrenz also auch aufs Gemetzel ausweiten – das ist als Privatier aber schwer, Don Quichotte und so. Einfacher ist da mal wieder Hoffnung, auf Besserung, und eine friedliche Mahnung auf diesem Weg: Auf dass die Köpfe, die für Geld plakatieren, zu differenzieren beginnen – was ist ein Siebdruck, was ist ein Herzblutprojekt, schwierig zu unterscheiden vom Hauptstromdreck ist das meist nicht. Die Plakate sind mit Sorgfalt gestaltet, so einfach – und im Zweifelsfalle lass hängen, in dubio pro reo, pro Stadtraum, pro Vielfalt, pro Kultur.

Ausschlaggebend für diesen Ruf in den Plakatwald ist ein aktueller Anlass im Abyssinia Social Club beim Beaumont oben: TRS, temporary record store, die städtischen DJNs lassen ihre Sammlungen schnaufen und wer Lust hat, kann für wenig Geld abstauben, fuck Discogs-Mafia und so, you know the deal. Dafür wurde mit viel Liebe zur Grafik ein Poster gedruckt und verteilt, zu sehen war es leider nur für wenige Stunden.