Man muss sich schon auskennen: Dein abschüssiges Holztischlein unter der Laube besetzt man jedenfalls nur wenns sein muss, wo einem das Bier fast auf die Gasse verreist. Den Platz am Steintisch hat man sich mit Sitzleder zu verdienen und auch das Maulen, wenn auf die letzte Runde hin die Aussenbestuhlung versorgt wird. So hat das seine Ordnung: dass der Steintisch und die Holzbank keine Möbel sind, sondern unumstössliche Behauptungen. Dass diejenigen am längsten hocken können, die schon am längsten verhocket sind und behauptet haben.
Bist ein bisschen eng geraten, ein Schlauch. Links Zigis und Zeitung und eine Reihe Holztische, man macht sich ganz schmal. Es gehört hierhin, sich auf die Füsse zu stehen und fast umarmen zu müssen, nur um aneinander vorbeizukommen. Auf der Toilette nicht so tun zu können, als wäre man nicht zusammen hier. An den Tischen vermischen sich die Gesellschaften und auf den Bänken die Schals und Jacken. Die Gasse ist bei dir im Warmen, man kennt sich oder noch nicht, vielleicht nie. Man darf laut sein und manchmal muss man, weil der Nebentisch mit dem Trinken schon voraus ist. Manchmal verliebt man sich. Manchmal endet ein Abend am schönsten im Streit.
Cardinal oder Tequila oder Sinalco und ein gesungenes Santé an deiner Bar. Wenn man die Quittung im Shotglas im Vergessen verrupft, hat man den strengen Blick nachher schon verdient.
Dann raus oder rauf, mit Stangen in den Händen. Dunkelgrauer Spannteppich führt die Stufen hoch in den Dunst, der von der Decke hängt und die Zeit verschweigt. Geschrei um den Billardtisch und Trinklieder von der Jukebox; Jeans for Jesus, Johnny Cash. Man zwängt sich zu Freunden auf die Bank oder fragt scheuch, ob man sich ans Fenster setzen darf. Klar, ruft einer, der an der Wand steht und die Regeln kennt, ihr stört nicht. Dann hebt man eben alle paar Minuten die Gläser – wer Billard spielt, braucht Platz und hat schliesslich Recht.
Die glychi Beiz
Die glyche Witz
Die glyche Lüt
U nüt isch glych
U glych isch nüt.
Houptsach es rouchnet.
Es geht ja nicht ums Trinken. Wir sind auch daheim ganz gute Alkoholiker*innen. Als wir unser Geld noch nicht in der Beiz verjubeln konnten, haben wir einen Chräschelsack voll Anker ans Tischbein gelehnt, eine Stange bestellt und das Glas nachgefüllt, wenn grad niemand Augen hatte: «Das ewige Bier» haben wir diesem Trick gesagt und wahrscheinlich sind wir in stiller Peinlichkeit trotzdem aufgeflogen. Das Dosenbier hätten wir auch auf der Gasse trinken können oder daheim, so wie jetzt. Dann hätten wir vieles verpasst, von dem wir nicht gewusst haben.
Denn eine gute Beiz ist gleichzeitig vertraut und macht mit dem Fremden bekannt, ist inklusiv und ein bisschen exklusiv auch, weil sie nicht allen gefallen will. Du bist ein Widerspruch ohne Berechnung und wenn du dann gehst, nimmst du den Dreck gleich mit. Übrig bleibt ein bereinigter Tisch, an dem wir nicht mehr sitzen wollen, nicht trinken und nicht trauern.
Du bist die lustigste und die traurigste Beiz auf der Welt, hat jemand geschrieben. Vielleicht bist du die lustigste und traurigste Beiz des Universums, mit der Rathausgasse als Milchstrasse und einem Croque Monsieur als Mond. Drei Eidgenossen, drei verlorene Kosmonauten.
Me füehlt sech so dehei, es chönnti fasch scho weh tue.
Die 3 Eidgenossen sammeln Geld. Damit die Beiz bleibt. Das schönste Lied darauf ist schon gesungen.
Bild: Lucien Lenoir