Oh du Bluesbar.
Jedes Mal draussen stehen vor der Tür und immer die Frage, ist jetzt offen, weil du immer aussahst, als wärst du es nicht (und dann warst du es meistens), spähen nach oben, ja, mou. Kein Spektakel, keine Spielereien: Ein unmotivierter halbhipper Hugo, sag mir, hat das je jemand bestellt? Aber hip sein mit solchen Tischsets, das kann niemand, sowieso. Oh Bluesbar mit diesem blöden Zitat an der Wand mit Fehler, den ich nach langer Zeit erst bemerkt habe, oh Bluesbar, dein Feldschlösschen-Bier und es ist mir egal. So nah am Hotspot und so weit weg, ein paar Schritte zu den Latte Macchiatos gegenüber im Progr-Innenhof und vielleicht wahrscheinlich sogar dieselben Leute, aber anders sahen sie aus, hier, oh Bluesbar.
Immer Platz, irgendwie, die gepolsterten Sitzbänke halfen beim Zusammenrücken, wacklige Tische herumschieben, Zigi nach Zigi im bläulich-weissen Licht. Manchmal haben wir auch gegessen, alles durcheinander im Rauch, Pizza Verdura neben Aschenbechern, irgendwann zwei Minuten Durchzug. Bekanntschaften mit Mittfünfzigern am Nebentisch, die lauter sind als wir, verbunden durch Alkohol, aber vielleicht auch sonst. Am Ende gehen sie in eine Richtung und wir in die andere, doch wir waren da zusammen und es war gut oder besser als ursprünglich gedacht jedenfalls, aber jetzt auch wieder egal.
Und der Blues, Kindheitsmusik, eindringlich und unverbindlich zugleich, zum Glück alles andere laut genug, um nur manchmal hinhören zu müssen. Nirgends war das Bier schneller bestellt und schneller da, durchs Fenster gerufen oder angezeigt mit den Fingern. Die beiden Brüder wuchten grauhaarig durch den Raum, Barscherze, drei Grosse in einer Hand; aber hey, niemand hatte es mehr im Griff als Jennä, bestimmt und schnell und seit Jahren hier, keiner so cool wie Jennä wie sie dasteht im Fumoir und an ihrer Zigi zieht und im nächsten Moment zack neuer Aschenbecher merci viu mau und wieder weg. Nie zu distanziert und nie zu nah, Jennä, über dich soll jemand ein Lied schreiben und sie sollen es singen in den Gassen bis zum Ende aller Zeit. Und wahrscheinlich wird es dir egal sein, und wahrscheinlich ist das genau der Punkt.
Oh Bluesbar. Jetzt gehst du, so ziemlich unangekündigt und vielleicht war ich auch zu wenig da in der letzten Zeit, ich weiss es nicht, ich konnte ja nicht wissen, dass du gehst, so plötzlich. Natürlich machst du kein Abschiedsfest wie die Burger nebenan, ich bin froh, aber ich bin traurig.
Jedes Mal draussen stehen vor der Tür und immer die Frage, ist jetzt offen, spähen nach oben und wissen, äuä nid, heute nicht und morgen nicht. Du hast Recht, jetzt wird vielleicht doch irgendwann Sommer und ich hätte dich sowieso vernachlässigt, aber ich wäre zurückgekommen, Bluesbar, ich schwöre es dir, aber es nützt ja nichts. Ich rauche die Zigi draussen und dreh dir den Rücken zu, mache einen Bogen um Gegenüber, adieu Feldschlösschen Pizza Verdura Aschenbecher. Merci viu mau und wieder weg.