Jetzt ist Feuer im Dach, weil dieser Spatz hat es irgendwie nach hier unten geschafft – durch die Eingangstüre aus Beton, den Gang runter und dann links, in den Luftschutzkeller. Und alle gucken an die Decke der Brockenstube. Die zwei mit den grünen Haaren, Lerbermatt, die gerade dabei waren, Krageninnenseiten nach Yves Saint Laurent abzusuchen, Schatzsuche, Glück der Gelangweilten. Der mit dem Medizinball von Ranzen beim Porzellan, Bethlehem. Einer aus Sri Lanka, in der Ecke mit den Küchenmaschinen, durchpflügt den Seetang nach Rohstoffen für die Familie. Dazwischen tasten Schweizer Grossmütter nach Spitze und junge Eltern klabüstern die Kleiderstange mit Hemden nach Leinen auseinander (das sieht man ihren Schuhen an).
Ich war gerade am Schubladisieren, als der Spatz eingefallen ist: Alle blicken wir nun nach dem Vogel und dann einander an.
Das ist ein U-Boot hier, wir mit dem Blick durchs Periskop. Die gemeinsame Bedrohung im Visier, der Sperling, er ist verwirrt und verspritzt seine Kloake, als er wie eine mutierte Motte an die Leuchtstoffröhre knallt. Jemand schreit, Sirene, und alle gehen in Deckung. Obwohl wir da verteilt stehen, auf der Fläche von mindestens einem Pausenplatz. Arme verschlagen sich über den Häuptern, die alte Frau bei den Unterhosen mit Jahrgang um 1935, weiter hinten duckt sich einer, gut und gern Bosniake, hinter einem orangenen Racletteofen – mir blitzt aus Filmen. Zusammen im Luftschutzkeller, in Bümpliz. Der arme Vogel legt eine Zwischenlandung ein, neben dem Rollgestell mit Skischuhen und besinnt sich: Die Sonne ist kein Strich, die Sonne ist doch rund. Und dann schiesst er sich los, wie an einem Gummiband gezogen aus dem Bunker raus. Hinter sich her ein Luftzug der Erleichterung.
Wir gucken ihm nach und lachen blöd, unbeholfene, familiäre Glückseligkeit. Wir sind in Sicherheit. Als bedürfe das Durchgestandene der Konsolidierung, lässt der Zivi an der Kasse eine Musik laufen. Er spielt Dylan.
«We’re idiots, babe. It’s a wonder we can even feed ourselves.»