Harte Zeiten sind auch immer jene Zeiten, in welchen unsere liebsten Staatsmänner tagtäglich zu uns sprechen. Beschwichtigend, ermutigend und aufbauend reden sie uns gut zu in dieser oder jener Videobotschaft und man vermag sie gar nicht alle zu schauen, so viele von diesen mutigen Helden der internationalen und lokalen Politik versuchen dem Volk nun zu sagen, dass man distanziert zueinander halten und sich die Hände waschen soll. So redet uns auch Alec von Graffenried gut zu: «Die Corona-Krise erinnert uns an die Kraft, die wir als Gesellschaft gemeinsam entwickeln können.» Und so weiter, und so fort. Auch wenn die Rede unseres Stadtpräsidents nur knapp die Länge eines Popsongs hat, mag man eher ungern drei Minuten lang zuhören und schon gar nicht zuschauen, denn bei wem hat der denn bitte schön einen Online-Workshop in Rhetorik gemacht, dass der so seltsam gestikuliert und was hängt da hinter ihm an der Wand?
Dann lieber gleich einen mit der Staatsflagge im Hintergrund und mit staatsmännischer Ernsthaftigkeit im Gesicht und wer könnte das besser als der Macron. «Nous sommes en guerre.», sagt der immer und immer wieder und schaut dabei so ernst in die Kamera und dann, nach einer noch viel ernsteren Kunstpause sagt er ganz sanft: «Nous gagnerons.» Direkt Gänsehaut am ganzen Körper. Ein bisschen sexy ist das sogar oder vielleicht hab ich auch einfach zu viele französische Filme mit sexy Franzosen, die ernst sexy Dinge sagen, geschaut.
Aber der wahre Held in diesen harten Zeiten, der bedachteste und beruhigendste Botschafter, ist Anders Stokholm. Anders Stokholm ist ein FDP-Mann mit Charisma und Stil, einer mit Jacket und Einstecktuch, ohne dabei altmodisch zu wirken und ausserdem ist er Stadtpräsident von Frauenfeld. Als solcher hat auch er sich mit einer Videobotschaft ans Volk gerichtet und damit habe ich mein ganz persönliches ASMR für diese Krise gefunden. Wenn es mir schlecht geht, wenn mich Angst überkommt, wenn ich aus versehen wieder die News gelesen habe, anstatt einfach nur kurz die Seite der BAG zu checken, höre ich Anders Stokholm zu und dann geht es mir gleich etwas besser.
Anders Stokholm ist übrigens einer der Gründe, weshalb ich mich dazu entschieden habe, eine Weile im Thurgau unterzutauchen. Das mit der Kultur und auch alles andere ist jetzt sowieso online, da spielt es keine Rolle wo man ist, also kann man auch ruhig aufs Land. Dorthin wo es Vögel regnet. Ich schreib bei Gelegenheit eine Postkarte oder so. Jedenfalls ist KSB da, wenn auch über das Land verstreut. Und auch wenn ein Grossteil der Kultur gecancelt ist, so wird es für uns wenigstens finanziell nicht prekärer, weil Geld hatten wir ja auch vorher nicht so wirklich. (Man kann uns natürlich trotzdem weiterhin unterstützen, wenn noch was übrig ist von den ganzen Crowdfundings und Patreon-Abos der letzten Tage.)