Insta/nofilter: Berthers Carte Blanche #1 «Halo»

Insta/nofilter: unverdaute, betrunkene, nachtwache Kultureindrücke. Rausgeschossen als gäb’s kein Morgen (dabei gibt es natürlich immer eins).

Von der gedruckten Presse ausgiebig vorbesprochen, bleibt dem digitalen Idealisten die Nachbesprechung der Carte Blanche von Überbassistin Martina Berther. Fair enough – der J*** manifestiert sich live, entsprechend dankbar gibt man sich in diese Aufgabe.

Halo feiert Premiere. Neben Berther ist dies Koch, Kappeler und Emaille. Eigens für diesen Anlass geschrieben, entwickelt und speist sich diese Musik aus der Stille, dauert eine knappe Stunde ohne Unterbruch und ist in ihrer radikalen Ruhe nichts für nachtwache, linientreue Seelen auch wenn sie stumm und stetig nach ihnen ruft. Im Klang zu verschwinden ist die Maxime. Die Musiker sind dementsprechend gefordert. Koch’s Klarinette, zu Beginn mixtechnisch noch der grösste Fremdkörper, bettet sich nach einigen Minuten stimmig ins Ganze, der Ursprung der Klänge verschleiert sich, man taucht in den kargen Reigen gehaltener Töne und pointilistischer Interventionen und ist nach dem Verklingen des letzten Tons erstaunt über die verstrichene Zeit. Einziges grösseres Fragezeichen ist das globale Set-up. Gelegentlich irritiert die Tatsache, dass der Soundtechniker die Dynamik mitgestaltet. Die Frage steht im Raum, ob ein komplett akkustisches Setting, wie das bei Bee-flat ja gelegentlich praktiziert wird, dieser Musik nicht besser gestanden hätte.

Kapitel eins bleibt als mutiges Statement, als musikalischer Aufruf zur Kontemplation in Erinnerung und ist damit stimmiger Kontrapunkt zu den zwei kommenden Abenden dieser Serie, welche mit mehr Lautstärke und Masse und wahrscheinlich auch mit grösserer Massentauglichkeit aufwarten. Man darf sich freuen.

Zweites Kapitel dieser Carte Blanche verspricht  «f***ing political» Noise, Punk und mehr. Zu hören am 28. 4. in der Turnhalle zu Bern.