Insta/nofilter: unverdaute, betrunkene, nachtwache Kultureindrücke. Rausgeschossen als gäb’s kein Morgen (dabei gibt es natürlich immer eins).
Die Köpfe der Leute sind voller Geheimnisse und Banalitäten. Während sich das berühmte australische Trio The Necks tastend an den Aufbau des ersten Bogens macht, stoisch sich voranschiebt, streichelnd, beselnd, tröpfelnd, hört mein trauriger Montagskopf nicht mit dem Denken auf. Listet Dinge, stellt dumme Fragen, schweift ab, holt aus, klagt an, muckt auf. So ruhig sich die Musiker auf der Bühne im Dachstock einpendeln, im Schneidersitz fast, so sehr konfrontiert die dargebotene Langsamkeit das innere Chaos. Ein unangenehmes Kitzeln steigt in einem auf und Übelkeit. Die Gedanken fallen wie Schuppen von der Hirnrinde, rinnen den Hals herab und verklumpen an der Magenwand. Dazu Meditationsmusik. Die Liebe ist voller Versäumnisse.
Tatsächlich scheinen sich die meisten im unaufgeregten, wohlsaturierten Publikum aber mit der Situation zurechtzufinden und versinken selbst im Schneidersitz. Gutgealterte Markenstaubsauger ohne Saugkraftverlust sind sie. Still und demütig. Irgendwann fährt auch mir die Demut ein, gegen Ende der ersten Hälfte ist es soweit. Dann dringt die Band zu mir durch.
Meister müssen niemand nichts beweisen.
Keiner streichelt die Grosse Trommel so schön wie Tony Buck.
Hiatus, leider. Eben eingetaucht und jetzt an der Bar nach gesalzenen Nüsslein fummeln. Doch auch im zweiten Bogen beweisen die drei Herren ihre Meisterschaft im Prozessualen, Evolutionären, Metamorphosischen. Verschränken sich ineinander, spielen sich in Zeitlupe die Motive zu und in feinfühligen Schraffuren. Bisweilen wird es sehr hell, fast heilig, jetzt fahren wir alle zum Himmel, fürchte ich – oder in die Therapie. Die Angst scheine ich mit Bassist Lloyd Swanton zu teilen. Er beendet den Ausflug ins Aquarell mit einem obertonreichen, erfrischend nervös gestrichenen Solo und markiert den Schlusspunkt des Konzerts.
Fast. Merci Sandro sagt er noch. Und dass man CDs kaufen könne.
Merci Sandro hätte gereicht –