Kulturbeutel #115

Schwab empfiehlt: Einen Gugus. Das kleine Gurtenfestival am Hügelfuss hat jetzt sogar seine dicke grosse Schwester überlebt – das beweist mal wieder: Wachstum ist ein Scheisskonzept und die Kleinen sind Gewinner. An der Talstation spielen auf: Michael Fehr und Rico Baumann, Blind Boy De Vita, Çiçek Taksi, Cyril Cyril, Radio Sur Le Pont, Trio From Hell, Melissa Su, Jon Hood, King Pepe & The Queens, Hi Jo, Füstu, Jolly & Jumper … mit und ohne Corona-Zettel, Essen, Trinken, Hemmigsmetzgete und Kiosk. Mittwoch bis Samstag bei der Heitere Fahne in Wabern. Und wer am Sonntag noch nicht genug hat: Auch ins Schwobhaus kehrt die Musik zurück. Fumagalli die Herren Reising, Tschopp und Müller – kredenzen dem wilden Garten eine Kammermusik «auf der Vogelweide», zerbrechlich und doch von Langlebigkeit – wie Keramik. Ab 19 Uhr mit Bar, Eintritt auf Kollekte.

Der Urs empfiehlt: Die Flohmi-Doublette zwischen Bollwerk und Marzili; weil schliesslich nichts dem Pilgern vom Kino zur Bar im Regen eleganter trotzt als eine gewachste Pelerine oder ein asiatischer Ölpapierschirm. Ab Mittwoch bis Samstag im langsam aber sicher kondensierenden soso Artspace. Dort kann man – nebst dem klassischem Klabüstern und Zukauf – auch eigenen Tand zu selbstbestimmten Preisen, gegen ein kleines Entgeld (buy in), vom Lokalpersonal feilbieten lassen. Und checkt dann später am Schalter aus wie im Casino. Nur um am Sonntag die Scheinchen am Zentralmarkt bei der Dampfzentrale wieder für die gelbsten aller Gummistiefel auf den Kop› zu hauen.

Fischer empfiehlt: Die Pelerine könnte sich als nützlich erweisen. Es ist ja Openair-Kino-Zeit. Diese Woche bringt das Rex Liebesfilmperlen in den Hof des Generationenhauses und das Filmpodium Biel unter anderem das Jean Seberg-Biopic «Against All Enemies» auf die Dachterrasse. Nächste Woche dann Marzili Movie, im August Kino im Kocher – die Hoffnung stirbt zuletzt.

Kummer empfiehlt: Ester Poly und Trash Mantra im Innenhof der Reitschule. Oder: Wenn sich der lustvolle Feminismus aus Genf mit dem Kleinstadt-Pistolero aus Biel verrenkt. Ohne Covid-Zertifikat, Sonntag, 20:30.

Galizia empfiehlt: Baze mache jetzt wieder Hip-Hop, hiess es schon Wochen vor der Veröffentlichung von erneuten zehn Minuten EP, einmal dachte man noch, es werde eine Trilogie. Doch Baze hat darüber hinaus geschossen, weil man schliesslich nicht aufhören muss, nur weil man das mal gesagt hat. Und so fallen ihm die Songs weiterhin aus den zittrigen Händen wie Filterzigis aus der Schachtel nach einer Nacht ohne Schlaf. «Aus lüter bitte!»: Wieder Hip-Hop also, tatsächlich oder zumindest annähernd, aber was heisst das schon bei einem wie Baze, der sich sowieso mühelos zwischen allerhand Welten bewegt. Genre Melancholia, Genre Älterwerden, Genre scheissegal, so oder so wird da wieder die grosse Welt im Kleinen besungen oder umgekehrt, das Gemüt nach «Aus wo fägt» wieder eine Spur schwerer. Die Suche nach mehr, die eigenen vier Wände, das Sehnen, das Arrangieren – drei Tracks und die Frage, ob die Welt auch daheim sein kann. (Die Antwort darauf, übrigens, wird mitgeliefert in den Skits – die sich bis jetzt zwischen Tirana und Kapstadt bewegten und hier alle in Bern passieren. Daheim eben: «Wo wosch häre?») Live gibts Baze dann auch mal wieder, an der «Aus ab Plattä»-Tour mit DJ Kermit, zum Beispiel am 23. Juli im Mokka Thun.