Sie sind die Gatekeeper der heiligen Hallen, in denen Kunst stattfindet: die Kuratorinnen und Kuratoren. In einer losen Reihe geben wir Exponenten der Berner Szene das Wort, wir fragen nach ihren Räumen und wer rein darf – und wer nicht.
Die Zweite in der Reihe ist Lena Fischer, die landläufig gar nicht unter dem Label «Kuratorin» läuft, am Gurtenfestival aber eigentlich dieselbe Aufgabe hat: auswählen, für gut oder weniger gut befinden, in eine passende Mischung bringen.
Lena, was macht eine gute Kuratorin/Bookerin aus?
Natürlich ein breites (Musik)Interesse, Neugier, Empathie, sich in verschiedenste Rollen und Personen hineinversetzen zu können, abschätzen zu können, was im Moment funktioniert aber auch langfristig Bestand hat und auch auf Bauchgefühle hören und einordnen können.
Siehst du deine anwaltschaftliche Rolle eher im Dienst der Kunst oder des Publikums?
Sowohl als auch. In erster Linie geht es um die Kunst sprich die Musik, aber dann auch rasch um das Publikum. Das Gurtenfestival ist kein spezifisches Nischen- und auch kein reines Entdeckerfestival, insofern muss eine Balance gefunden werden. Ich möchte auch Bands buchen, die vielleicht noch eher neu und nicht gross bekannt sind, Bands die eher eine Nische bedienen, die durch Qualität herausstechen, aber nicht unbedingt in der breiten Masse stattfinden. Zugleich müssen und sollen hier Tausende von Leuten auf ihre Kosten kommen. Zum Glück gibt es noch verschiedene andere Bühnen, Dance Tents und sonstige Erlebnisse, deshalb lastet der Druck nicht nur auf der Waldbühne. Aber schlussendlich macht es weder dem Publikum noch der Band – noch mir – Spass, wenn sich niemand für Band XY interessiert und die ZuhörerInnen wegbleiben. Dieser Balanceakt ist eine Kunst für sich, finde ich.
Wie sieht der Raum/die Bühne aus, den du bespielen kannst?
Ich kümmere mich um die Waldbühne des Gurtenfestivals, die nur Schweizer Bands beherbergt. Sie ist seit letztem Jahr am ehemaligen Standort der Zeltbühne, vor sich viel Grünfläche und den Soundgarden, hinter sich der Wald. Der Gurten an sich ist ein enorm hübscher Fleck, die Waldbühne ein Bijou.
Was soll Platz haben in diesem Raum?
Qualität, Aktuelles, Besonderes, Beliebtes aber auch Nischiges, Frisches und Akzente. Von Pop zu Rock über HipHop bis zu sanfteren Singer / Singwriter Klänge oder Elektronik. Der Raum ist gross, der Inhalt muss dem Raum gerecht werden und eine Legitimation in zumindest einem vorher genannten Bereich vorweisen.
Und was nicht?
Im Grundsatz wohl Belangloses und im Gesamtkontext Unpassendes. Es gibt keine allgemein gültige Formel – es gibt aber Genres, die hier nicht stattfinden (z.B. Schlager). Und das Programm muss über alle Bühnen und Tage hinweg in sich stimmig sein.
Wie hältst du es mit dem Geschlechterverhältnis?
Dies ist mir ein wichtiges Anliegen. In diesem Jahr haben die Männer aber doch Überhand, das Verhältnis auf der Waldbühne ist circa 60 zu 40. Im Booking ist dies ein Prozess, bei dem viele verschiedene Faktoren reinspielen und der leider nicht ein reines Wunschkonzert ist. Ich finde aber, wir sind auf einem guten Weg. Es ist wichtig, dass Mädchen weibliche Vorbilder in allen möglichen Rollen haben – auf der Bühne, aber auch hinter und neben der Bühne. Das Thema ist in der Musik- und gerade auch in der Festivalbranche sehr aktuell und oft diskutiert. Das finde ich gut und richtig.
Was könnte jetzt noch schiefgehen?
Das Wetter, das bekanntlich das Gurtenfestival schon oft nicht gerade geschont hat. Im Moment sieht die Prognose für die nächsten Tage jedoch sehr gut aus – sonnig, warm, nicht zu heiss und kein Regen. Hoffen wir, es hält an! Ansonsten natürlich kurzfristige Absagen von Bands wegen Krankheit oder so. Zum Glück ist die Gefahr eines abgesagten Fluges oder einer massiven Verspätung bei den Schweizer Bands bedeutend geringer als bei den internationalen.