Postkarte aus Buenos Aires

Alles gut hier – den Jetlag inzwischen überwunden, an den argentinischen Akzent gewöhnt und jetzt kommt langsam aber sicher auch der Frühling. Auf dem Gasherd wird kein Kaffee gekockt, sondern Wasser für den Mate erhitzt und ich habe auch schon gelernt wie man ihn ungefähr zubereitet. Nach den ersten zwei, drei Versuchen mit dem bitteren Getränk habe ich mir den verwässerten und gesüssten mitteleuropäischen Verschnitt in der Glasflasche schon nicht mehr zurückgewünscht.

Im Goldfischbeutel kommt nicht der Mozzarella wie beim Urs in Napoli, sondern nur die Milch und wie Granaten sehen die Sodaflaschen aus, zum Beispiel bei Emilio hier an der Ecke. In dessen düsteren Garage gibt es jeden Tag zwei Menus zwischen argentinischer und italienischer Küche. Diese Garage und Emilio, der einen küsst und umarmt, wenn man kommt um bei ihm zu essen, ist vielleicht sowas wie das Herz des Quartiers und nicht, wie es wohl im Reiseführer steht, das Geburtshaus des Papst Franziskus vorne am alten Hafen von La Boca, wo die Touristen hinströmen, Souvenirs kaufen und Selfies schiessen. Heilig ist der ja sowieso nicht, dieser Papst. Heilig sind hier nur die Schlangen, also jene wo man sich hintenanstellt. Die Menschen hier bilden sogar Schlangen, wenn sie auf den Bus warten und der Bus hält dann genau dort, wo die vorderste Person steht. Und wenn die Schlange mal aus irgendeinem Grund durcheinandergerät, haben sich alle ungefähr gemerkt wer vor einem und wer hinter einem war und dann reiht man sich wieder korrekt ein.

Die Hot Spots von Buenos Aires habe ich inzwischen auch schon abgehakt: Zum Beispiel eine der Top Ten schönsten Buchhandlungen der Welt, die sich in einem ehemaligen Theater befindet oder einen der Top Ten verschmutztesten Flüsse der Welt, an dessen Ufern sich Wellblechhütten und Fabriken aneinanderreihen. Den versuchen sie hier seit fünfzehn Jahren zu reinigen, es wird wohl noch eine Weile dauern. Wenigstens der Staatsbankrott konnte in den vergangenen Monaten gerade noch so vermieden werden. Vielleicht kommt er noch Ende Oktober, aber zuerst kommt jetzt mal der Frühling. Vorerst also alles gut hier.