Konserven, Kontext, Konzerte. KSB schreibt monatlich über Musik und Pop entlang dem schönsten Irrtum der Welt.
Ein Lob mal wieder auf gedrängte Gewölbe und Verliese oder eben Foyerclubs wie diesen. Wir laufen rein ins Rössli und sie stehen bis zu Tor und Treppe, es tropft nicht herunter, aber wummert fabelhaft über die Meute hinweg. Batbait, die gerade am beherztesten aufspielende Gitarrenband des Landes, waren kürzlich auch am Zürcher «M4Music» zu sehen; Box hiess der Raum, aber das klingt enger, als es ist. Schön transparent strahlte alles von der stattlichen Bühne: der Bass bei sich, die Gitarren akkurat gefächert, der Gesang oben aus. Manchmal hört man mehr, wenn weniger zu hören ist, wie hier im Foyer, wo die kernigen Gitarren in den Groove zerlaufen, der Bass dumpf schimmert und die Songs in Post-Punk-Manier zu leiten beginnt. Im Muskelsinn haben die vier Frauen von Batbait mit Rock wenig zu tun, sie zelebrieren abgespannte, dreckige Eleganz.
Zur ersten Rösslete luden ursprünglich Rössli und Cafete, kurzfristig umgebaut wurde das kleine Festival zu Røsstock, mit dem kleinen Dachstock dazu. Also rauf und runter statt Rundlauf. Der Soundnenner ist Punk und Garage, raspel es selbst.
Kein Cover, sagt der blondierte, beohrringte Ostschweizer nach der Show von der Bühne herunter: eine Hommage. «Pure Fucking Armageddon 2020» nennen S.G.A.T.V. einen ihrer Songs, wie Mayhem 1986 ihr ziemlich wüstes erstes Demo. Auch die Verpackung der EP «Don’t Talk to Me» von S.G.A.T.V. spielt auf Black Metal an, schwarzmonochrom, mit Gotiklettern auf Tapeumschlag. Doch ihr auf Fun gedrehter Synthhardcore ist höchstens angeschwärzt, Spuren im Geschrei oder im Triumphalismus des Keyboards. Denn im Grunde ist überhaupt nichts düster an dieser Band, alles schreit zum Einsteigen: die zugespitzten Umbrüche, die Hopsebeats, die Gangshouts, die man sogar dort mithört, wo sie gar nicht ausgestossen werden.
Auf Tape ist S.G.A.T.V. ein Ein-Mann-Projekt und klingt ein gutes Stück verschrobener und synthetischer als die fetten Gesten dieser Show hier. Wirkt erstmal uncool, diese Umsetzung, ist aber ziemlich genial. Nur schon das Keyboard, das mal als Acid-Synth dem Beat auf der Ferse hinkt, dann aber auch lässig die Gitarren in Schach hält, indem es sie in überdrehten Schlagergesten ertränkt. Vorne schreit einer aus seinem blonden Scheitel und springt auch mal in die Wellen. Diese Band massiert eine Masche an die nächste – vielleicht ist die Strategie bei Peach Weber abgeguckt: Reih die Pointen so dicht, dass die Lacher nicht abreissen und am Schluss niemand mehr nach der einzelnen fragt.
Dieser Text erschien zuerst in der gedruckten Maiausgabe des KSB Kulturmagazins.