Rec Out → Punks

1. Mai 2019: The Revolution will not be televised. Die Liebe hingegen ist ein Split-Screen – und die digitale Sehnsucht treibt uns hin- und weg. Die neue Berner Boygroup Hainan spielt mit den Zeichen der Zeit.

Synths auf Weichzeichner, Hats mit Tremor, Hooks aus Zucker. In «Punks» wird auf Hit gespielt. Die Zeilen sind flüssig und flüchtig. Genre Chanson 2.0; New New Romantic und Ephemere Innigkeit. Jetset-Minne und dünne Haut statt dicke Hose?

Hainan – das sind Juri und Levin. Juri war einst die schwerblütige Zutat der Berner Rapband Iwan Petrowitsch. Levin hat sich als begabter Produzent und Hookline-Erfinder einen Platz im helvetischen Hip-Hop-Gedächtnis erspielt. Und beide verkörpern sie den Drang nach der grossen Welt, der grossen Bühne, Hauptsache raus, Hauptsache weg von hier, irgendwohin, wo es Uber gibt und wo die alten Geschichten niemand interessieren.

Die grosse Geste steht ihnen gut. Selten haben sich hiesige Künstler*innen so stimmig auf den Zeitgeist eingeschworen, dessen Zeichen sortiert und in einer unaufdringlichen Mundart neu zusammengefügt. Wo bei den Jeans For Jesus ein ewiger Zweifel als doppelter lyrischer Boden mitschwingt, geben sich die zwei Hainan hemmungslos der digitalen Unnahbarkeit hin.

Unterstützung gibts vom Majorlabel. Bleibt zu hoffen, dass die Marktanalyse nicht gänzlich plättet, was Hainan von ihren glattrasierten Kollegen auf der ganzen Welt unterscheiden könnte. Bleibt zu hoffen, dass ein bisschen Revolution drinliegt im weiteren Wirken dieser Popversteher – Schieflage, Abgrund, Bruch. Das Debut im Sinne eines Forschungsstands, als seismografische Exposition des Vorliegenden – das überzeugende «Wir wissen, was wir tun» – es ist ihnen schonmal gut gelungen. Es droht nur die Genügsamkeit.

Rec Out ist da, wo du am Pult den Cinch-Stecker einstöpselst, damit was klingt am Jack-Ende. Bei KSB heisst Rec Out regelmässig Schreiben zu naheliegender Musik.