Dancing on Frith Street im Progr aka. Recycled Optimism

Ohne Getränk hastig einen Platz gefunden, der Zug pünktlich um halb 9 in Bern, der Gig wie antizipiert zehn Minuten zu spät im Anfang begriffen. Danke SBB! Danke Bee-flat!

Die Musik der Loose Tubes, eines in den 80er Jahren in England für Furore sorgendes, der Basisdemokratie zugewandten Kollektivs kommt hier zur Aufführung. Django Bates lädt zum Tanz. Im Sitzen zwar, aber das Sitzleder wird bereits während des ersten Tunes weich. «One of our guiding principles was optimism» meint der Impresario zu den Wurzeln dieser Band. Verständlich. Ohne diesen hätte die 21-köpfige Truppe wohl kaum sieben Jahre überlebt. Idealismus also das Credo hier.

Die Musik bedient sich heiter an allerlei Stilschubladen und ist ästhetisch – wen wundert’s? – in den Eighties zuhause. Puristen mag das vergraulen, das zeitlose Element dieser Musik ist jedoch die Haltung dahinter. Jedes Motiv, jeder Groove ist in der Wurzel vertraut, wird aber kompositorisch so variiert, dass nichts vorhersehbar bleibt. Man bleibt auf der Stuhlkante sitzen, wippt und lacht. Selten hat Musik beim Chronisten derart konsequent das Zwerchfell angeregt, wie bei diesem Gig. Bates vermag durch sein Wirken, sei es als Solist an den Tasten, oder durch seine Ansagen zwischen den Stücken, die Musik zuverlässig ins Jetzt zu befördern. Die Slap-Stick Nummer Village wird kurzerhand umgedeutet zu einer feucht-fröhlichen Runde auf dem Land, welche sich im Rausch dazu entschliesst, dem Brexit zuzustimmen. Happiger Nachbrand inklusive. Und als er die diskret wiederkehrende eintönige Metallophonstimme in einem anderen Stück mit dem slow rise of fascism gleichsetzt, bleibt dem Publikum das Lachen in der Kehle stecken. Keine Gefälligkeiten hier, aus ist’s mit dem Optimismus.

Gewichtiger Grund aber, dass die Musik nicht wie ein Abklatsch aus vergangenen Zeiten wirkt, ist die Tatsache, dass die gesamte Band, der Leader ausgenommen, aus Studierenden der Musikhochschulen von Bern, Barcelona und Lille besteht. Neben der rhythmischen und klanglichen Präzision in der Umsetzung ist es die Frische und Freude, mit welcher die beteiligten jungen Damen und Herren diese Musik aufladen, die massgeblich dazu beiträgt, dass zu keinem Zeitpunkt Zweifel an der Legitimation dieser Darbietung aufkommen. Der Spirit macht’s! Und spätestens wenn Max Treutner am Tenorsaxophon zu solistischen Höhenflügen ansetzt, geht vergessen dass sich die beteiligten Musiker*innen erst am Beginn ihrer musikalischen Karriere befinden. Eine äusserst dankenswerte Kollaboration von Bee-flat und HKB. To be continued, we hope!

Dancing on Frith Street wird im Juni noch einmal aufgeführt. Dann allerdings in Lille. Wer die lange Reise scheut und die Musik doch hören will, dem empfiehlt sich ein CD-Kauf. Streamen kann man sie nicht.