Sonntag hier und eigentlich sollten endlich mal wieder Bilder leuchten, in unserer stummen Rubrik – die nächste Runde Mahogany Mall gibts in einer Woche, versprochen. Aber heute kann nicht geschwiegen werden, denn gestern war fertig lustig im Ostquartier – das Punto über dem Jordan.
Der Bildersturm der Aufwertungsindustrie lässt unsere Schlösser in sich zusammenstürzen.
Der Feuerball rollt über den Platz und lässt Bitumen verdunsten, Dachbalken bersten zu Gluthaufen, am liebsten möchte man gleich alles in Brand stecken. Gläserne Augen, ausgeschlagene Zähne und rauchige Gespräche, die Stimmung ist gelöst, aber trotzig. Die Akkus sind geladen und würden ewig halten. Auch drinnen ist es heiss – COS spielt ein süffisantes Lamento, dass es knallt. Fresst Bässe ihr Arschgeigen, fresst Bordsteinkanten und damit sind nicht die Tanzenden gemeint. Die sind wunderschön. Abgesprengter Nagellack, ausgebeulte Anzüge, fahrige Bärte und harte Frisuren. Weisse Unterhemden.
Eine Lichtorgel zerteilt den Raum zu ständig neuen Formen und wirft Farbsplitter auf Gesichter, Fly hat die Anlage aus dem Keller nochmals aufgefahren und ringt am Lichtpult um sein Punto, um ihr Punto, um unseres.
Nostalgie, du Sau, von hinten angeschlichen und jetzt sogar um eine Runde tanzen betteln – aber nur eine Runde: 36 Grad im Sommer und 15 Biertanks müssen ins Getränkelager. Es stinkt unerträglich, Pesche hat die Pflanzenbeete mit Hühnermist gedüngt, trotzdem ist die Terrasse voll. Camille macht Service. Aus der Küche dampft eine warme Frische von Kräutern, die sich unter die dumpfe Hitze der Kaffeemaschine am Buffet mischt – die Lüftung ist kaputt. Lea ist am Telefon und notiert eine Achterreservation. Aviran flucht über den Säuregrad des Olivenöls – trotzdem bereitet er den besten Hummus der Stadt. Im Treppenhaus riecht es nach Urin und beim Lavabo gibt es diese gelbe Seife. Ins Punto ging man auch für diese Seife.
Ich spüre ehrlich gesagt gar nichts, es ist jetzt einfach vorbei, ich brauche Whisky.
Sagt jemand, sagen alle irgendwie und hinten landet ein Sofa auf dem Scheiterhaufen und befreit einen glimmenden Schwarm nach oben in die Nacht.
Auf dass sich in spätestens fünf Jahren Stadtplaner*innen in den Hintern beissen werden, weil hier unter dem Vorwand der Verdichtung ein Treffpunkt und selbstbestimmter Kulturort vernichtet wird, darauf lasst uns einen demokratischen Furz lassen: irgendein Infoabend zur Wichtigkeit von Quartierkohäsion wird es im Neubau sicher mal geben. Darauf, dass unsere Räume immer mehr in den Schwitzkasten vormächtiger Wohn- und Geschäftsformen kommen, nicht. Sein bestimmt das Bewusstsein oder wie war das in der Bibel? Unsere Bindung ist mehr als Attitüde, das hat das Punto bewiesen. Doch braucht sie weiterhin öffentliche Sichtbarkeit, ausserhalb dem Rasterdenken: entgegen den verfluchten Zwischennutzungen, geschliffenen Rooftop Bars und dreckigen, veganen Restaurantketten.
Auf zu neuen Spielplätzen – schlusspunto und merci.