Ich weiss nicht, wie es euch geht, aber ich hatte nun auch endlich meinen Ich-lösche-meinen-Facebookaccount-Moment. Es gibt da ja so etwas wie eine Meta-Epidemie, ein Geschwirr an Besserwisser- und Zeigfingerei. Moralischer Dünkel überall und ein ständiges Mein-Experte-ist-schlauer-als-deiner als wärs ein Quartett-Spiel.
Der Postillon hatte es eigentlich schon vor zehn Tagen auf den Punkt gebracht:
Die Zahl der Coronavirus-Experten in Deutschland ist in den letzten Tagen sprunghaft angestiegen. Das ist das Ergebnis zahlreicher Gespräche und WhatsApp-Chats am Wochenende. Demnach gibt es bereits mehrere Millionen Koryphäen auf dem Gebiet der Virologie und Epidemiologie in der gesamten Bundesrepublik.
«Mit einem solch rasanten, fast schon virulenten Anstieg haben wir nicht gerechnet», erklärt Experten-Experte Mike Etzbach. «Vor allem unter Männern sind die Zahlen in kürzester Zeit regelrecht explodiert.»
Hal Fischer, Gay Semiotics, MoMA
Oder auch, ziemlich unverblümt gestern auf Twitter:
Die Libération wiederum verortet das Ganze historisch.
Face au coronavirus, nous aurions à peu près tous gagné à nous taire et à respecter une «cure de silence» comme on l’imposait aux tuberculeux, lors de notre dernière grande expérience historique du confinement.
Schweigen als Kur. Klingt gut, insbesondere auch für die Social-Media-Kanäle. Plötzlich diese Klarheit.
Und wer unbedingt etwas loswerden möchte, der tut es am besten hier: Gedichte, Songs aus der Isolation. Das stille zweisame Telefongespräch, es erlebt ja sowieso eine Renaissance. Und einfach mal zuhören: ist nie verkehrt.