Wir schreiben einen Ratgeber. «How to handle life» ist in silbernes Papier gewickelt und im Wohnzimmer ausgestellt. Schlage also auf bei Kapitel 6: «SAF – sporty as fuck», die einzige Aussage auf dem schönen weissen Papier: Gadgets first. Was auch immer du tust, kauf dir vorher Gadgets. Willst du schwimmen, kauf dir Schwimmbrille Flossen Paddles Neopren Schnorchel o. Nasenklammer und zahl im Weyerli 7 Franken, um zusammen mit den Viertklässler:innen vor Ort den Delfinschwumm zu lernen, Mittwochnachmittag empfiehlt sich.
Bock auf outdoor? How about du gehst im Transa-Untergeschoss Schlafsäcke und Mätteli probeliegen, kannst den Untergrund selber aussuchen. Dann kaufst du dir gutes Material, ist schliesslich eine Investition fürs Leben. Aber Achtung beim Schlafsack, kauf den richtigen: Rot für Frauen und blau für Männer, weil Frauen mehr frieren und lieber kuscheln. Also be specific please.
Bock auf outdoor (2)? Say hi to the Epizentrum des Bösen: Rennvelofahrer:innen. Es treffen sich die coolen Kuriere, die fetzigen Bürogummis und die rüstigsten Pensionäre in hautengem Elasthan und heiligem Ernst, den hässlichsten Brillen der Welt und federleichten Velohelmen auf ihren noch leichteren Bikes. Ich hasse sie alle equally. Und dann los gehts, in Formation eine Schnellstrasse runter.
Aber who am I to talk? Meinen roten kuschligen Lady-Schlafsack habe ich noch nie gebraucht. Hätte ihn probeliegen sollen: Er ist mir zu klein. Die Schwimmbrille etc. verstaubt im Schrank und Energy Green Forest ist mir noch kein einziges Mal an die Lippen gekommen. Dazu folgendes, denn jetzt:
Geburt der Fitness-Nadia, ich habe ja Cash. Früher billig auf Youtube, heute für 90 Franken im Monat im Lady-Fitness. Gibt geile Drinks dort – Energy Johannisbeere, Energy Green Forest, whatever this means. Dann aufs Laufband. Wenn Menschen ihren Körper hassen, sind Fitnesshöhlen Himmel und Hölle zugleich. Du schaust Eurosport Formula E, Dua Lipa dröhnt aus den Boxen und im Nebenraum wirft ein Wesen aus Muskeln und Haut unendlich schwere Bälle auf den Boden. Trizeps-Training. Auf den Sommer hin Plakate: «Summer Body Workout», im Winter hängt «Die Festtage sind vorbei, Zeit die Kalorien wegzutrainieren». All in all: love your body. Love your body. Love your body. Aber immerhin sind die Körper hier divers und der schlecht belüftete Keller auf eine absurde Art ein Safer Space. Wir sind unter uns.
Hör mir auf mit Rock‘n‘Roll: Sex, Sport und Fressen – das ist das Triptychon des banalen Glücks. Im Turnus widmet sich KSB der scheinbaren Einfachheit des guten Lebens. Dieser Text erschien zuerst in der gedruckten Juliausgabe des KSB Kulturmagazins.