Dienstagmittag, den Zahnarzttermin um elf verpennt oder einfach vergessen, aber irgendwie muss man ja trotzdem noch raus, bevor sich schon wieder eine weitere Winternacht über die Hauptstadt legt. Und wenn man raus geht, in dieser Vorweihnachtszeit, stolpert man über einen Weihnachtsmarkt nach dem anderen, man hat das Gefühl die werden jedes Jahr mehr. Diese Weihnachtsmärkte haben mir noch nie viel gesagt, dort wo ich aufgewachsen bin, gab es das zwar auch, aber das Highlight des Jahres war jenes traditionelle Dorffest, wo es darum ging, dass männliche Kinder und Jugendliche einen Baumstamm von einem Dorf ins nächste zogen, wo der dann versteigert wurde und dann durften ausnahmsweise auch Minderjährige Tabakwaren konsumieren, da drückte man im Dorfladen traditionellerweise alle Augen zu und am Ende kotzen die Jungs in die Büsche, weil sie das Nikotin nicht vertrugen. Mädchen waren und sind bis heute von diesem Brauch natürlich ausgeschlossen. Aber wen wundert das in einem Kanton, in welchem dieses Jahr eher verhalten 30 Jahre Frauenstimmrecht gefeiert wurde. Jedenfalls war der Weihnachtsmarkt da jeweils nicht so ein grosses Ding und inzwischen ist die Weihnachtszeit für mich auch nicht viel mehr als die Zeit der härtesten Arbeit im Nachtleben, weil bis Ende Dezember alle einfach unerklärlich und ungehalten viel saufen wollen.
Deshalb spaziere ich jeweils auf der Suche nach ein bisschen Sonnenlicht und frischer Luft in dieser düsteren Zeit eher mit einem Gefühl der Befremdung an diesen kapitalistisch-besinnlichen Institutionen vorbei, durch die Hüttendörfer des Konsums hindurch, und wundere mich über die Dekoration. Auf der Kleinen Schanze stehen seltsame, mit Lichterketten umwickelte Holzgerüste im Gebüsch und hinterlassen ein eher ungutes Gefühl, während Glühweinschwaden aus den Hütten rüberziehen. Das sieht irgendwie mehr nach Krieg und Stacheldraht aus, als nach Besinnlichkeit. Beim Waisenhausplatz hat man es genau andersrum gemacht: Die Betonelemente zur Terrorprävention sind lieblos in Geschenkpapier verpackt. Während auf der kleinen Schanze die Deko also ausschaut wie Panzersperren, ist hier das, was tatsächlich im weiteren Sinne als Panzersperre funktioniert, als Deko getarnt. Ästhetisch ist irgendwie beides ein wenig schwierig und ich verstehe nicht, was jetzt genau die Idee dahinter sein soll. Aber immer noch besser, als einen Baumstamm von einem Dorf ins andere ziehen.