The closer you get

Tanz heisst Fragen stellen. Etwa: Wie nah können wir uns am Bildschirm kommen?

Wir schauen uns in einem seltsamen Winkel in die Augen. Und egal, ob am anderen Ende der kleinen Stadt oder ennet einem Meer, die Welt hat einen bleichen Teint und das Licht von draussen hat einen milchigen Ton. Wir suchen uns zu treffen in unseren Zimmern. Suchen Verbindung, aber es ruckelt.

Mass Hysteria aus London tanzen in der Selbstisolation. Ihre Performance ist eine Erzählung über den Versuch der sozialen Synchronisation auf Distanz. Und jene Umdeutung der Prosaik des eigenen Kämmerleins zur Bühne, die alle Kunst diesen Frühling in den bleichen Farben des Bildschirmlichts gemalt hat.

In der ästhetischen Übersteigerung des Alltags kann das auch fruchtbar sein. Die Tänzerinnen arbeiten aus der Beschränkung des Bildausschnitts die Abstraktion der Körperlichkeit heraus. Sie lenken den verengten Blick und zerstreuen ihn wieder im Kollektiv. Ihr Tanz ist eine schematische Zusammenführung des Einzelnen mit dem Gesamten. Und die Verbindung, diesem Gefühl kommt das Stück auch schön auf die Spur, sie bleibt symbolisch und seltsam kühl. Wie nahe können wir uns so sein?

The closer you get, the fewer I see. Schliesslich verdecken die Künstlerinnen die Augen ihrer Verbindungsgeräte zu einem Flickenteppich in Orange: Das Sonnenlicht, das Draussen, es scheint selbst durch die Haut.

Die Performance «in this net.» des Kollektivs Mass Hysteria, dem auch die Berner Tänzerin Nina Richard angehört, wurde am 14. Mai auf Youtube uraufgeführt.