Moschini/Popall spielen «Soft Tissue» in der Dampfzentrale: ein quadratischer Raum, an allen vier Seiten das Publikum und von draussen dunkelt die Nacht durch die Fenster.
Was magst du?
Würdest du dich als dominant bezeichnen?
Was hast du gerade an?
Zwei Frauen sitzen in einem Raum und fragen, vielleicht sind sie auch weit voneinander entfernt und haben sich in einem Chat getroffen; die Distanz lässt offen bleiben, wer welches Geschlecht verkörpert, oder eben nicht. Kindlich wirkt das fast, wie sie miteinander sprechen, neugierig entdeckend, auch wenn das, was sie sagen, seltsam gegenläufig wirkt; zu hart, zu unpassend für ein Kindergespräch. In einer ersten Runde loten sie den schmalen Grat aus zwischen gewollter und ungewollter Gewalt, würdest du einen Typen gerne gegen die Wand drücken? Wenn er es mag, ja, dann schon. Bist du horny? Ja, bin ich.
Nackte Haut auf glattem Boden macht ein lustiges Geräusch, ein flattrig-klatschendes, das den längergezogenen rauschenden Jeans-Ton in Stücke bricht. Zwei Frauen rutschen auf dem Boden herum und kommen sich näher. So nah, dass sich kein schützender Raum mehr befindet zwischen ihnen, der Aufprall laut in der angespannten Stille davor und danach. So nah, dass nicht mehr klar sein kann, ob es mehr schützenden Raum bräuchte, ob das, was da passiert, ein Spiel ist, bei dem beide mitmachen wollen. Ein Drehen und Wenden auf dem Boden, an der Wand, im Kopf, eine gegenseitige Überwältigung –
Wer entscheidet?
Wer hat Macht?
Wie kann man eine Grenze sehen?
Zwei Frauen schreien so laut, dass es dem Publikum in den Ohren klingelt bis schmerzt, einige Ohren werden schützend verdeckt. In der Mitte ziehen sie sich aus und wieder an, jetzt sind sie verkehrt. Gewaltsam wird man rausgeschüttelt aus der ruhigen Langsamkeit zu Beginn, ein Unbehagen entsteht aus Geräuschen, die vielleicht ein Lachen sind. Ist alles in Ordnung? Wahrscheinlich nicht, aber wer weiss das schon. Wahrscheinlich schon, aber wer weiss das nicht. Und eben ist die Nähe zwischen diesen beiden Figuren immer wieder so zärtlich und warm, wie sie kurz vor dem Kippmoment steht, wie sie kippt. Es sind hier auch die Grenzen, die soft sind.
Wer tut etwas?
Und wer schaut zu?
«Soft Tissue» bewegt sich weg von Bern: zu sehen am 16., 17. und 19. Oktober im Roxy Birsfelden, am 24. und 25. Oktober im Südpol Luzern und am 31. Oktober, 1. und 2. November im Fabriktheater der Roten Fabrik Zürich.
(Fotocredits: Nicole Pfister)