Irgendwann so um dieses Datum herum, vor einem Jahr, lasen wir das erste Mal von dir. SARS-CoV-2, severe acute respiratory syndrome coronavirus 2. Sarscoftu, warum bist du nicht in den chinesischen Wäldern geblieben, bei den Fledermäusen? Was hast du da gesucht auf dem Wholesale Market in Wuhan? Ein wenig Abwechslung, ein wenig Cosmopolitics?
Zuerst war es nur ein kleiner Spike in der Aufmerksamkeitskurve, ein Virus weit weg, aber diesmal wolltest du dich nicht mehr aufhalten lassen von epidemiologischen Notfallmassnahmen, hast wohl gelernt von deinem Vorläufer 2003. Bisschen mehr Viralität, war ja sowieso ein Thema in den Jahren dazwischen, und schon bist du allen chinesischen Kontrollorganen entwischt. Story of 2020. Oder auch nicht.
Und dann gings ab um die Welt. Irgendjemand meinte in den ersten Monaten mal, irgendwo (NYT? Twitter?), du hättest für das erste wirklich globalisierte Ereignis der Weltgeschichte gesorgt. Macht dich das stolz, Sarscoftu? You couldn’t care less, richtig? Viren ist ja eigentlich sowieso alles egal, ihr seid die Nihilisten unter den Existenzen. Ihr lebt ja nicht mal so richtig. Geburt, Tod? Reproduktion. Life as assembly. Und Kolonialisierung als unschuldiges Prinzip, die menschliche Population als Weltraum, als unendliche Weiten.
I’m floating around in ecstasy
So, (don’t stop me now)
(Don’t stop me)
Cause I’m having a good time, having a good time
Wir lernten Epidemiologie, Schnellkurs. Flach ist gut. Händewaschen ist gut. Experten, die mit -ologen enden sind gut. R>1 ist nicht gut. Und wir hätten auch gleich lernen können, dass Gesundheitsmassnahmen immer politisch sind. Bisschen Foucault hätte vielleicht auch nicht geschadet. Stattdessen halfen wir uns mit f***ing Hashtags.
Spätestens Ende Sommer: You started messing with our minds, Sarscoftu. Blut-Hirn-Schranke komplett down. War es das, was du wolltest? Eine sozioöknomische Pandemie? Ok, du hast uns den Beweis geliefert, wie schlecht unser Immunsystem war, gesellschaftlich gesehen. Merci dafür. Hättest dann auch einfach zu einer saisonalen Erkältung zusammenschrumpfen können. Stattdessen schrumpft unser Bewegungsspielraum. Immer weiter. Und wir sind uns ach so nah auf Distanz.
Und warum hast du es eigentlich so auf die Kultur abgesehen, Sarscoftu? Auf das Nachtleben, auf Restaurants und Bars? Aber falsch, du magst das alles ja sehr. Du magst auch Shopping. Du magst Sex. Du magst Bier und Schnaps (ausser im Desinfektionsmittel). Du magst, was wir mögen. Nun ja, nicht alle von uns, wenn man’s recht besieht. Irgendwann sind die Bulldozer aufgefahren. Und sie haben aufgeräumt. Die grossen Schaufeln haben alles Mögliche erwischt, aber dich nur so halb. Du bist und bleibst unser aller-, allerkleinstes Problem, Sarscoftu. Hast uns mürbe gemacht. Besserwisserisch. Und blind für vieles andere.
Aber wir kriegen dich. [Mensch schlägt weiter Löcher in die Luft.]