Die Queen* auf der Brache

Der Sommer ist jetzt definitiv hereingebrochen, durch alle Ritzen und Poren und mit ihm die Festivals. Das Männerfestival Greenfield ist bereits durch, mit einem kleinen unwetterbedingten Evakuierungszwischenfall oder wie ich meine: Der Rache an der patriarchalen Struktur. Im Moment läuft das Openair St.Gallen mit ziemlich mittelmässigem Line-Up und miserablen Vorverkaufszahlen und in Berlin die Fusion und die Frage: Wie riskant sind 200mg MDMA bei diesen Temperaturen tatsächlich? Egal, man macht ja nur einmal im Jahr Techno-Anarcho-Ferien. 

Aber das alles interessiert uns nicht, wir hängen lieber auf den lokalen, unkommerziellen Musikfestivals rum. An der Chilbi waren wir ja schon, am Ostfest beim Tramdepot werden wir wieder sein und wie immer auch am Gugus Gurten, mit Glitzer im Gesicht und Ingwerin im Blut. Dieses Jahr gesellt sich zu den bewährten Lieblings-Alternativ-Festivals ein weiteres unkommerzielles: Das Queens* of Hip Hop auf der Warmbächlibrache. 

Kleiner Rewind zur Abkühlung: Letzten Dezember machte das Schweizer Hip Hop Magazin «Lyrics» eine Sonderausgabe zum Thema Sexismus. Die Szene drohte ihr Abo zu künden. Flows Powers meinte dazu nur: «Jegliche Integrität verloren.» Weil Integrität im Hip Hop heisst, sexistisch zu sein. Oder keine Ahnung. Müsste man bei Flows Powers nachfragen, was der genau meint damit. Aber fick Flows Powers. Und fick dem sein Frauenbild, fick die Boysdynamiken und die Gewaltverherrlichung. Fick Hip Hop, will man manchmal denken, obwohl man ihn eigentlich gern hat weil er ja ursprünglich und immer noch für gewisse unterdrückte Gruppen eine emanzipative, befreiende Kultur ist und weil man den Sound feiert und den Dreck, der dran klebt, die Strasse, die Attitüde und die Poesie. Und eigentlich hat man ja auch die Widersprüche gern, die gehören dazu, dort zeigt sich die Reibung, dort wird’s interessant. 

Dieser Reibung nimmt sich das Queens* of Hip Hop an, veranstaltet aus Liebe zur Subkultur ein queerfeministisches, inklusives Fest und verspricht zu beweisen, dass es auch anders geht, dass der Sexismus im Hip Hop gar kein intrinsischer, sondern ein struktureller ist. Der muss da gar nicht sein, der kann auch weg und seine Abwesenheit macht den Hip Hop damit nicht weniger legit. Deshalb organisiert also das Kollektiv des Queens* of Hip Hop auf der Warmbächlibrache Workshops und Konzerte und eine Afterparty im Dachstock. Vielleicht wird es ja auch irgendwann ein bewährtes Lieblings-Alternativ-Festival sein und wenn nicht: Dann wird es wohl immerhin ein nices, emanzipatives Experiment gewesen sein. 

Das Queens* of Hip Hop findet am 6. und 7. Juli statt. Der Eintritt ist frei und offen für alle, es spielen live: Best-elle, Burni Aman, Krudas Cubensi und Dope Saint Jude. Workshops gibts zu: Freestyle, Voguing, Graffiti und mehr. Und falls jemand noch ein bisschen Cash übrig hat: Dem Festival fehlt noch welches. Das Crowdfunding läuft noch.