Insta/nofilter: Der 31-Tagetraum vom Eigenheim am Steigerhubel

Letzten Freitag irgendwie oder als ob es am Donnerstag einfach Nacht geblieben wäre, für 24 weitere Stunden, Polarnacht, in Bern – es regnet wie vor hundert Jahren bei Stan ft. Dido, als man besagte Adresse am Steigerhubel erreicht. «So ein angefressenes Einfamilienhaus aus den Sechzigern», hatte es geheissen und tatsächlich sitzt da einer mit langen Haaren am Klavier.

Die Garage steht offen – Farbtöpfe, aufgefaltete Kartonkisten, Künstlerbedarf, Abfallsäcke und hie und da krumme Drähte, die sich aus kaputten Steckdosen strecken. «Willst du ein Bier?» – der Hausgeist meldet sich an und nimmt mich an der Hand, hinein. Klötzchenparkett, nackte Glühwürmer an den Fassungen, vereinzelte Polstermöbel und Plastikstühle stehen über dreieinhalb Etagen gewürfelt. Eine komplett funktionstüchtige Einbau- und Waschküche mit Backofen und Tumbler fällt auf und daneben ganz viel freier Raum.

«Man soll hier einfach machen können, Blitzideen verwirklichen: Installationen, Malerei, Performance, Musik – du kannst es den Leuten sagen, sie sollen sich bei mir melden. Ich hatte noch etwas Geld von meinen letzten Bildverkäufen übrig und dann habe ich einfach Zeit investiert, ausgeräumt und aufgeräumt. Da waren vorher so Kids drin, von Biel her irgendwie und hatten den Ort als Afterhourschuppen unter Beschlag genommen», der Hausgeist heisst Yoftahe und lächelt, als er mir das sagt. «Haben die keinen weiteren Nutzungszweck angemeldet?», frage ich, «Es sollte ein Frauenhaus werden, aber irgendwie war das denen dann zu teuer, obwohl es kaum was kostet, jetzt wird das bald abgerissen.» «Nein, ich meinte die Kids – sind die einfach von selber gegangen?» «Aha, nein, nicht von alleine, aber das ist jetzt geregelt.»

Wir stehen jetzt im wuchernden Garten, nasser Hund in dieser Nacht, Schäferhund, schirmt uns ab mit seinem Filz, von der Tramlinie weiter unten Richtung Europaplatz und dem neuen Mehrfamilienkomplex im Westen, der mit seiner poschen Holzfassade auf Kopenhagen macht. Hier, auf der Terrasse über dem Garten könnte auch Kehrsatz sein, mittelständisches Quartier von vor fünfzig Jahren, der Balkon mit Lichterkette, das Giebeldach, Eigenheim – ein Traum.

«Ich habe zum ersten Mal in meinem Leben ein Haus», sagt Yoftahe ganz sanft, «Auch wenn das nur für 31 Tage so ist. Das ist jetzt mein Bild. Ich brauch dazu nicht einmal Farbe, nur die richtigen Leute – so male ich mir das aus.»

Und wer mehr vom Klavierspieler mit dem langen Haar hören will, rücke hier weiter vor in den Kaninchenbau.