Eine Fortsetzungsgeschichte! Dramaturgische Spielereien auf KSB.
Aber ich hatte den Plan falsch gelesen, da stand 00:00 und das wäre Samstagnacht gewesen und nicht Sonntag und so standen wir vor dem geschlossenen Kino.
Also eine Viertelstunde vorher war da noch offen, man hatte sich mit dem REX-Barpersonal verplaudert bei einem letzten Glas Writers Tears (guter Irish, für den Preis). Man musste sich noch über den Film klar werden, den man eben gesehen hatte. The Sisters Brothers.
Ein Anti-Western, meinte das Feuilleton. Klingt gut, dachte man, Western sowieso, Anti sowieso. Und so liess man sich dann zwei Stunden durch eine spannende und aber leider auch ziemlich fadenscheinige Story führen, von einem Regisseur, der allerdings weiss war er tut. Auch beim Casting, das merkte man dann erst nachher: Jake Gyllenhaal, natürlich, das Gesicht kannte man doch. Der war ja auch schon im Western, vor ein paar Jahren erst, und hatte dem Genre geholfen, seine Homophobie zu überwinden. Jetzt spielt er einen schneidigen Privatdedektiv, der zunächst dem falschen Geld dient, dann aber den Argumenten (und Reizen?) eines Chemikers und Gesellschafts-Idealisten verfällt, den er eigentlich hätte ausliefern sollen.
Und zwar eben an die Sisters Brothers, die auch eher eigenartige Westerncharaktere abgeben und sich ansonsten aber ziemlich gradlinig durch den Film arbeiten wie durch ein Ballergame. Wenn man das alles nacherzählen soll, merkt man, wie wenig das eigentlich aufgeht, wie bruchstückhaft das bleibt, obwohl es mit viel Kunstfertigkeit und Detailliebe erzählt ist. Die Formel zum Beispiel, der alle nachrennen, weil sie einfachen Reichtum verspricht und die dann in simpler Zauberlehrlingsmanier allen zum Verhängnis wird: Sowas gab’s ja gar nie im Goldrush, so ein chemisches Wundermittel, und Umweltrisiken lassen sich halt auch nicht so leicht im Hollywoodtempo erzählen. Mache mal einer einen Asbest-Thriller. Sozialen Realismus darf man von dem Film also nicht erwarten, ebenso wenig historische Wahrheiten. Aber was denn dann? Nochmal eine Portion Queerness und obendrauf etwas schneeflockige Empfindsamkeit für ein, ja klar, toxisch-chauvinistisches Genre? Kann man machen, aber damit ist es halt nicht getan.