Ah, Hank. Unverstandener Held. Grossindustrieller, dem es nicht nur ums Geschäft, sondern auch um brilliante Innovationen geht. Und dessen Moralkodex so rein ist wie seine Metallschmelzen. Der die komplett falsche Frau geheiratet hat und furchtbar lange braucht, um es einzusehen und noch länger, um sich endlich von ihr scheiden zu lassen. Ein ganzer Mann, wie man ihn noch zeichnen durfte, als Gefühlsduseleien offensichtlich Frauensache waren.
Ever since he could remember, he had been told that his face was ugly, because it was unyielding, and cruel, because it was expressionless. It remained expressionless now, as he looked at the metal. He was Hank Rearden.
Und dabei ist doch so viel Leidenschaft in ihm, nicht nur wenn es um Geschäfte geht – da zählt ohnehin nur nüchterne Analyse und Loyalität -, sondern auch im Bett.
Nach zwei Dritteln des Buchs hat Hank gerade einen öffentlichkeitswirksamen Prozess gewonnen und dann doch alles verloren, seiner Leidenschaft (und seines Moralkodex wegen). Aber eigentlich ist die erste Hälfte von Atlas Shrugged einfach eine lange und furchtbar umständlich erzählte Romanze. Beide wollen, er kann nicht, sie erlöst ihn. Und ist dann ganz sein. Ein wenig 50 Shades, einfach ohne Strick und Peitsche.
He felt, as passionately as he had ever felt it, that she was the most desirable woman on earth; but what came from it was only a desire to desire her, a wish to feel, not a feeling. The sense of numbness seemed impersonal, as if its root were neither in him nor in her; as if it were the act of sex that now belonged to a realm which he had left.
«Don’t get up—stay there—it’s so obvious that you’ve been waiting for me that I want to look at it longer.»
He said it, from the doorway of her apartment, seeing her stretched in an armchair, seeing the eager little jolt that threw her shoulders forward as she was about to rise; he was smiling.
Sie? Dagny. Er muss es sich ausgerechnet von seinem Rivalen erklären lassen: «If you tried to damn sex as evil, you’d still find yourself, against your will, acting on the proper moral premise. You’d be attracted to the highest woman you met. You’d always want a heroine. You’d be incapable of self-contempt.» Wir werden beiden später begegnen.
Nun lässt Hank aber erst einmal alles hinter sich. Sex, Lügen und Lebenswerk. Er geht den Weg John Galts. Begreift allmählich, dass dieser kaputten Gesellschaft nicht mehr zu helfen ist, ausser man zieht sich aus ihr zurück. Ausgerechnet die Macher werden zum Nichtstun verleitet. Aussteigen aus dem Hamsterrad – das ist vielleicht die seltsamste Pointe des Buchs – nicht um endlich ein wenig kritische Distanz zu gewinnen zum Funktionieren des Systems, sondern um das nächste, noch perfektere Rad zu bauen.
KSB liest: Roland Fischer berichtet von seiner Auseinandersetzung mit Ayn Rands umstrittenem Hauptwerk «Atlas Shrugged». Teil 1 gibts hier.