Rec Out → Harmony – Pensées einer KI

Zuerst einmal: Wähle ihre Zunge. Da warst du offenbar unschlüssig, für einen Moment. Schon hat Harmony ihren Setup selbst gewählt und umgarnt dich nun in englisch-deutschem Babelsang, in «bilingual Binnenrhyme». Sie haucht, sie beschwört, sie findet schöne Worte und bietet sich ungeschönt an. Aber abgeklärt, wie sie ist, weiss sie auch schon um die «verkeilten Imperfections» of love and desire. Kann die perfekte maschinelle Liebe gar nicht anders als melancholisch werden? Ah, my cloudkind companion.

Ariane von Graffenried imaginiert sich im neuen Stück von Fitzgerald & Rimini in den mit künstlicher Intelligenz ausgestatteten, mehrsprachigen Sexroboter Harmony hinein und verleiht ihm eine «Surveillanceseele». Elvira Isenring hat dazu mit Latefa Wiersch eine Stopmotionromanze aus dem Rotlichtviertel gedreht.

Bisschen irritierend vielleicht, dass die Harmony im Film von einer aufdringlichen, fast schon vulgären und ganz und gar uncleanen Materialität ist, ein perfektes Gegenstück zu ätherischen Liebeswesen wie Hatsune Miku. Aber das passt schon, denkt man an die Vorläufer: Frankensteins aus Leichenteilen zusammengestückeltes Monster (das ja auch nur Liebe suchte und nichts als Aversion fand) oder die ersten – fiktiven – Roboter vor hundert Jahren, die auch noch aus dem Bioreaktor kamen. Bis auf weiteres: Liebe hat mit Lust, Lust hat mit Körper und Körper hat mit Corpse zu tun. Auch wenn er wie bei Harmony kein Alter kennt.

Das Video zu «Harmony – pensées einer KI» von Fitzgerald & Rimini ist Anfang September erschienen. Der Song ist ausserdem auf dem Album mit Gedichtband «50 Hertz» zu finden (Der gesunde Menschenversand, 2019).

Rec Out ist da, wo du am Pult den Cinch-Stecker einstöpselst, damit was klingt am Jack-Ende. Bei KSB heisst Rec Out regelmässig Schreiben zu naheliegender Musik.