Zfride zäme figge

Peter Flamingo im Endstadium an diesem Wochenende. Zfride. Zäme. Feschte. Die Stadt im Würgegriff des Partyglücks. Das Berner Stadtfest hinterlässt erstmal Kopfschmerzen und eine Unsicherheit darüber, ob die eigene Teilnahme überhaupt stattgefunden hat, oder ob es nur das Plakat davon war, das ich (leider) gesehen habe. Das Plakat an sich verrät nämlich schon all den zu erwartenden Bullshit: eine freudige Mischung aus den obligaten Berner Allstars, bisschen Bär, bisschen Münster, bisschen Eiger, Mönch und Jungfrau, sogar ein bisschen Regenbogen. Aber auch nur so viel Regenbogen, dass er als von queer völlig unabhängige Farbpalette wahrgenommen werden kann durch – zum Beispiel – Besucher:innen des SVP-bi-de-lüt-Stands, zäme zfride feschte, alle mit allen halt. Am Stadtfest könnte sicher eine fundierte Kapitalismuskritik abgehandelt werden, ich fands aber einfach undifferenziert scheisse.

Also her mit der Berichterstattung aus dem Drecksloch: Es ist, wie immer, eine gute Mischung aus dem Schlechtesten vom Gurtenfestival und der Fasnacht. Zu viele Menschen – überfordert mit der Auswahl an Dingen, die gar niemand will. Wahnsinn, was da für drei Tage aufgebaut wurde. Nahezu jeder Platz zwischen Bahnhof und Bärengraben ist voll gepappt mit Bühnen, Foodständen, Bars und besoffenen Menschen hinter Raverbrillen und mit lustigen Katzenohren, die im dunkeln cute leuchten. Gratis-Zuckerwatte fürs Volk, zfride zäme figge.

Ich werde am Freitagabend aus dem Bahnhof gespült, direkt rein in die Vorhölle. Natürlich bin ich, für einen solchen Anlass obligatorisch, mit einer zu grossen Gruppe unterwegs. Wir, die zehn kleinen Jägermeisterinnen, minus eins schon bei der ersten Bühne, treffen auf die ersten bekannten Gesichter, stehen wartend, etwas ratlos und gelangweilt in dieser Krise von Fest herum. Das geschulte Auge erkennt rasch: Um uns werden Vodkashots erbrochen und Depotbecher erschlichen. Berns Vielfältigkeit, Kreativität und Innovationskraft eben – wie von den Veranstalter:innen versprochen «nicht nur bekanntes, sondern auch Überraschendes».

Überraschend peinlich vielleicht die Leute, die das hier geil finden. Die Arten von Typen, die bei Songs darauf aufmerksam machen, dass der mal bei Fifa kam. Ja diese Typen, sie strömen aus allen Seitengassen, aber heute mit Katzenohren, die im Dunkeln so cute leuchten. Wir, also die noch übriggebliebene Hälfte unserer Gruppe, begeben uns Richtung Altstadt. Am Waisenhausplatz machen sie Female Stage, eine Bühne, auf der nur weibliche Acts gebooked wurden. Ein Kränzchen, dass die Veranstalter:innen nicht müde werden, sich selber zu winden, zfride zäme diversity. Das Gendersternchen bleibt aber schnell im Hals stecken beim Anblick des Stadtfest-OK. Oder vorbei scrollen an vielen, vielen Herren in männlichen Funktionen wie Präsident, Infrastuktur, Kommunikation (hier erneut die verzweifelte Frage nach diesem Plakat wtf), und dann ganz unten doch, ja doch noch – eine Frau. Ihre Funktion: Freiwillige. Zfride zäme gratis schaffe, also nur als FINTA-Person, versteht sich.

Churros aus einem gestressten Foodtruck, weder süss noch warm, dafür sehr teuer und sich weitertragen lassen von einer Menge, die ab Höhe Kornhaus immerhin ein bisschen mehr der eigenen Bubble ähnelt. Hier treten altgewordene Berner Rapper auf, Augen glänzen, Bierschaum läuft über Plastikbecherränder. Baby i bi links. Kurz kommt in mir eine nostalgische Freude hoch, ich summe fast mit, doch dann verwandelt sie sich in einen Biergorps. Wir lösen uns, machen uns auf den Weg, raus aus der Stadt, sie dröhnt uns hinterher, bis zur ersten Lärmklage aus dem Altenberg. Zfride zäme feschte dann wieder in vier Jahren.